Seit dem Reaktorunglück in Fukushima vor zwei Jahren ist der deutsche Atomausstieg beschlossene Sache: 2022 wird das letzte deutsche Kernkraftwerk abgeschaltet. Aber nicht erst seit Fukushima steigen immer mehr Deutsche auf Ökostrom um – eine Studie des Statistischen Bundesamtes zeigt, dass knapp 19 Prozent aller deutschen Haushalte Ökostrom beziehen. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft berichtet, dass 2012 der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch schon 23 Prozent betrug. Die wenigsten wissen jedoch, dass Ökostrom nicht gleich Ökostrom ist. Allgemein bezeichnet der Begriff „Ökostrom“ Energie, die aus erneuerbaren Quellen gewonnen wird. In Deutschland handelt es sich dabei meist um Wasser- und Windkraft. Inzwischen bieten nahezu alle Stromversorger entsprechende Tarife an, aber woran erkennt man „echten“ Ökostrom?
Zunächst gilt, dass streng genommen nur Anbieter, die ausschließlich Ökostrom verkaufen auch „echte“ Ökostromanbieter sind. In diesem Fall kommt der Strom nicht nur aus erneuerbaren Quellen, sondern es wird auch der Bau von Kraftwerken für regenerative Energie unterstützt. Allerdings gibt es in Deutschland kein einheitliches Gütesiegel für Ökostromanbieter und ihre Tarife, da der Begriff nicht geschützt ist. Dennoch existieren einige von verschiedenen Organisationen vergebene Zertifikate, die bei der Auswahl behilflich sein können. Jedoch nicht jedes Zertifikat definiert Ökostrom auf die gleiche Weise:
Zu den strengsten unter ihnen gehört das älteste Ökostrom-Zertifikat, das „Grüner Strom Label“. Hiermit zertifizierte Stromanbieter investieren pro verkaufte Kilowattstunde Strom einen festen Betrag in den Ausbau regenerativer Energien, aus denen der Strom auch zu 100 Prozent bestehen muss. Stromanbieter verpflichten sich, einen Herkunftsnachweis für ihren Strom vorzulegen. Das Zertifikat wird jeweils für zwei Jahre vergeben.
Mit dem „ok-power“-Siegel werden nur Anbieter ausgezeichnet, deren Tarifanbieter nachweislich den Ausbau erneuerbarer Energien unterstützen. Eines der Kriterien ist beispielsweise, dass zwei Drittel des Stroms aus Anlagen stammen müssen, die nicht älter als zwölf Jahre sind.
Der TÜV Nord und der TÜV Süd vergeben jeweils unterschiedliche Zertifikate an Ökostrom-Anbieter. Der TÜV Nord erlaubt, dass die Hälfte des Stroms aus Kraft-Wärme-Kopplung stammt. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Energie auch aus fossilen sowie atomaren Brennstoffen stammen kann. Außerdem erlaubt der TÜV Nord den Handel mit „Renewable Energy Certificate“ System-Zertifikaten. Der TÜV Süd unterscheidet zwischen zwei Ökostrom-Kategorien, EE01 und EE02, wobei beide Kategorien voraussetzen, dass der Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien besteht. Bei dem Zertifikat EE01 dürfen 30 Prozent der Erzeugungsanlagen dabei nicht älter als 36 Monate sein während bei EE02 nur so viel Strom produziert wird wie gleichzeitig verbraucht wird. Dadurch müssen keine fossilen oder nuklearen Brennstoffe in Anspruch genommen werden.
Das „Renewable Energy Certificate System“ (RECS) ist das bekannteste und gleichzeitig umstrittenste Zertifikat. Umweltschützer kritisieren das RECS, da es alle Anbieter als Ökostrom-Anbieter auszeichnet, die RECS-Zertifikate gekauft haben. Mit dem Erwerb eines Zertifikates kauft der Anbieter bei einem Kraftwerk in Europa eine bestimmte Menge Strom aus erneuerbaren Energien. Die gleiche Menge Strom kann er nun in Deutschland unter dem Label „Ökostrom“ weiterverkaufen – auch wenn konventionell erzeugte Energie z.B. aus Kernkraftwerken dahinter steckt. Da der Anbieter durch den Kauf aber die regenerative Stromerzeugung in Europa unterstützt, darf er auch seinen Kohle- oder Atomstrom als „grünen Strom“ vermarkten.
Es lohnt sich also bei der Auswahl der richtigen Ökostrom-Anbieters genauer hinzusehen. Wer Wert auf Strom aus 100 Prozent erneuerbaren Energien legt, sollte genau darauf achten, welche Kriterien und Bedingungen der Stromerzeugung zu Grunde liegen.
Textnachweis: Juliane Scholz, Hill+Knowlton Strategies